Gläsner

Über unsere Geschichte als Gläsner Standort im Kaufunger Wald

Die Herstellung von Glas hat in Hessen eine lange Tradition, die auf den Spessart-Bund der Gläsner im hessisch-bayrischen Grenzgebiet zurück geht.

Waldglas aus dem Kaufunger Wald

Die archäologischen Funde auf Roßbacher Gebiet zeigen eindeutig, dass es bereits im Mittelalter, also vor dem Jahr 1500, Glasherstellung im Kaufunger Wald gegeben hat.

Eine dieser sehr frühen Waldglashütten findet sich in der Nähe des Lotzenborns und ist eine der markanteren noch sichtbaren mittelalterlichen Glashüttenplätze.

Alte Gläsner Standort in Roßbach

Über die Roßbacher Glashütten im Wald aus dieser Zeit gibt es jedoch – außer den Funden- keinerlei Aufzeichnungen bezüglich der Dauer ihrer Existenz, Eigentumsrechte oder andere Details.

Glas Reste im Boden in Roßbach
Glas Reste im Boden in Roßbach

Erst mit Beginn der Frühen Neuzeit ab 1500 finden sich Dokumente, die die Existenz der Waldglashütten eindeutig belegen. Die früheste Gründung auf Roßbacher Gebiet war die Glashütte am oberen Birkenbach (heute Berksbach, Hüttenwiese) und zweifelsfrei aufgrund der Oberflächenfunde auch einer der größten Hüttenstandorte im Kaufunger Wald. Ihre Gründung ist auf das Jahr 1535 datiert.

Zwei Jahre später, mehrere Glashütten waren zwischenzeitlich im Kaufunger Wald entstanden, wurde der Zusammenschluss der hessischen Glasmacher zu einer Zunft mit Zentrum in Großalmerode 1537 formal besiegelt.

Schutzherr und Gerichtsherr war der Landgraf von Hessen mit Sitz in Kassel. Seinen Weisungen hatte sich die die Zunft zu fügen, die sich ihrerseits eine strenge Zunftordnung mit vielen Einzelregelungen gab, auf die alle Hüttenmeister und Gesellen einen jährlichen Schwur beim Zunfttreffen in Großalmerode ablegen mussten. Die Einhaltung aller Regeln und Bestimmungen wurde durch die Bundesmeister überwacht. Bei Verstößen gab es  Strafen, die bei Gericht während der Zunftversammlung immer am Pfingstmontag eines Jahres ausgesprochen wurden. Im schlimmsten Fall drohte sogar die Schließung der Glashütte.

Die Glasmacher (Gläsner) fanden im Kaufunger Wald ideale Bedingungen für ihre Handwerkskunst vor. Wichtigste Voraussetzung für die Errichtung einer Glashütte war das reichlich vorhandene Holz als Brennstoff für die Schmelzöfen. Pottasche wurde entweder selbst produziert oder von den Salzsiedern aus “Soden” ( Bad Sooden-Allendorf) bezogen. Aus den nahen  Bächen konnte Wasser entnommen werden, das zur Versorgung der Glasarbeiter und zur Kühlung der Arbeitsgeräte notwendig war. Der äußerst wichtige Rohstoff Silizium, d.h. hochwertiger Sand, wurde aus dem  Hirschberg bei Rommerode bezogen.

Das feuerfeste Material für die Schmelzgefäße (Glashäfen) lieferten die Großalmeroder Tongruben. Ohne diesen feuerfesten Ton wäre kein Schmelzvorgang in einer Glashütte möglich gewesen. Großalmerode hatte dadurch praktisch ein Monopol, um alle Gläsner des Bundes zur Einhaltung der Zunftbestimmungen zu zwingen.

Ton Model für die Glasverarbeitung
Ton Model für die Glasverarbeitung

So entwickelte sich die Gläsnerzunft im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts durch immer weitere Glashüttenstandorte zu einer mächtigen Organisation weit über die hessischen Grenzen hinaus bis nach Holstein und Dänemark.

Als ideale Handelswege für den Absatz und Verkauf des Glases dienten neben den bereits bestehenden Handelsstraßen die Flüsse Werra und Fulda und im weiteren Verlauf die Weser bis zur Nordseeküste.

So kann man mit Recht annehmen, dass Gläser aus Roßbacher Waldglashütten ihren Weg bis nach Holland und Belgien, vielleicht sogar bis in das Baltikum fanden.

Genaue Aufzeichnungen, wieviele Menschen aus Roßbach in den Waldglashütten Arbeit fanden, gibt es nicht. Jedoch ist belegt, dass es Einheiraten von Bewohnern aus Roßbach in Großalmeröder Gläsnerfamilien gab und somit auch enge Verbindungen zum Glashandwerk entstanden. Die zeitweise enorm hohe Anzahl an Glashütten im gesamten Kaufunger Wald (um 1560 gab es 16 Glashütten) erforderte zudem eine große Zahl an Hilfsarbeitern oder Knechten, die in und um die Glashütten z.B. als Knechte, Holzfäller oder  Fuhrleute beschäftigt waren. Denkbar ist auch, dass die Gläsner der Roßbacher Glashütten durch die Bauern des Dorfes mit Lebensmittel versorgt wurden- Glas gegen Essen.

Das massive Abholzen der Baumbestände hatte ab Beginn des 17. Jahrhunderts zur Folge, dass mehr und mehr Glashütten schließen mussten, denn der wichtigste Rohstoff , das Holz, war nach und nach aufgebraucht und die Höhen des Kaufunger Waldes kahl geschlagen.

Lothar Steinfeld

(Buchhinweis: “Auf den Spuren der Roßbacher Glashütten”, 2022,  Lothar Steinfeld  und Ulrich Hartmann (leider vergriffen, Ein Datensatz kann auf Anfrage von den Autoren erstellt werden)


Die HNA berichtete über die Autoren am  19.03.2022 => https://www.hna.de/lokales/witzenhausen/witzenhausen-ort44473/wo-einst-glashuetten-standen-91420755.html

 


Weiterführende Informationen/Links

Beispiele für Waldglas Produkte: